Cassandra Wilson - Traveling Miles

„Mystic Lady“ Cassandra Wilson hat sich die Chamäleonmaske von Miles Davis genommen: ein weiteres Miles Davis Tribute Album also, allerdings ein überaus ambitioniertes und hörenswertes, fügt sie der bereits stattlichen Reihe an Miles-Tributes hinzu. Bevor sie allerdings bei Miles ankam mußte sie eine Wegstrecke, „Traveling Miles“ zurücklegen. Die ersten Aufnahmen des Projektes entstanden bereits im Dezember 1997 im Umfeld eines Konzerts im Lincoln Center und zogen sich dann fast über ein Jahr hin.

Die Titel auf der CD/DLP stehen natürlich alle in irgendeiner Beziehung zu Miles: es sind aber nicht nur Miles-Originale, sondern vielmehr ein sein gesamtes Werk umfassender Querschnitt an Songs durch die „Decades of Miles“: also auch Standards, die von ihm interpretiert wurden und Stücke, von Cassandra Wilson geschrieben, die deutlich seinen Einfluß zeigen. Sie hat für viele der Titel auch zum ersten Mal Texte verfasst, meist nur wenige Worte, aber auf lyrische Art den Kern der Musik treffend.

Und sie sagt selbst: „Miles’ Musik ist ein perfektes Vehikel, um musikalische Möglichkeiten zu erforschen.“ Cassandra Wilson beschränkt sich denn auch nicht auf irgendeinen Abschnitt aus den so unterschiedlichen Phasen in Miles Davis Musikerleben, sondern bringt die stilistischen Pole von Miles in einen durch ihre Aura bestimmten, dunklen Kontext ein, der dieser Musik Homogenität und Kontinuität bringt.

Die Musik hat etwas Magisches, zieht einen unsichtbaren Kreis in einen leeren Raum, in dem man schwebt und in dem man nur ab und an Fragmente von Cassandras Stimme in der umgebenden Stille der Nacht aufblitzen hört, manchmal weit entfernt, verschwommen, durch den Schleier der Nacht. Schattenmusik, Stimmungen der Melancholie verbreitet Cassandra Wilson mit dieser Musik, eine Meisterin der blau-schwarzen Töne.