Von Freeman/Ed Petersen

Alter schützt vor Inspiration nicht. Der „Earl of Freeman“, besser bekannt als Von Freeman, mittlerweile im nicht mehr ganz jugendlichen Alter von 76, hat eine CD mit seinem Chicagoer Kumpel Ed Petersen auf Delmark eingespielt. Das jüngst wieder sehr aktive Label aus Chicago verschreibt sich mehr und mehr den regionalen Künstlern aus der Windy City und dient den beiden Senior-Tenorsaxern als Forum für ihren „Jazz Pur“. In bester Laune lassen sie die Hörner kreischen und mischen die alten Standards auf, als wären sie gerade erst in dieser Session erfunden worden. Die Bandbreite geht von Chicago-Tough bis zum zarten, romantischen Spiel des frühen Idols Lester Young. Die meist längeren Stücke sind zum Teil Jam-Session-Style, Standards von Coltrane’s „Mr. P.C.“, dem Rodgers/Hart Titel „Lover“ bis zu Dizzy's knapp 20-minütigem „A Night in Tunisia“.

Von Freeman würzt das Ganze mit seinem Rough-Style Tenor-Sax, das sich über die Dekaden im Grunde jeglichen stilistischen Einordnungen entzog. Der Earl stand stets über den Dingen und hat auch versucht Brücken zu bauen zwischen den „unvereinbaren“ Lagern des erweiterten Marsalis-Clans und der Chicagoer Avantgarde, den AACM-Musikern, die ihm auf dem Chicago Jazz Festival 1998 ein Tribute-Konzert gaben.

Edward Petersen hat sich mit Von Freeman schon diverse Tenorsax-Schlachten geliefert und weiß, daß er bei „Vonski“ immer das Unerwartete erwarten muß. Die beiden sind nicht allzu schwer auseinander zu halten: Von Freemans ungeschützter, knochentrockener Reibesound kontrastiert mit dem klareren, wärmeren und volleren Horn von Petersen. Das Fundament für diese Tenorsax-Monumente bildet die All-Chicago Rhythm Section Willie Pickens (p), Brian Sandstrom (b) und Robert Shy (dr).