Markus Kurz - Radio Dreyeckland Freiburg - Jazzredaktion
Dave Douglas String Quintet - Convergence
(Soul Note 121316-2 - Sunny Moon)
Im zeitgenössischen Modern Jazz kommt man an einem Trompeter und Komponisten wie Dave Douglas heute nicht mehr vorbei. Mitunter ist es nicht ganz einfach die Vielzahl seiner Projekte mitzuverfolgen und seine Platten in den Läden oder Katalogen ausfindig zu machen, bisher zumindest hat er seine Musik ausschließlich auf kleineren Independent Labels veröffentlicht weil er sich dort, so äußerte er sich einmal sinngemäß, nicht zu sehr von den kommerziellen Zwängen der Major Labels in seinen mitunter auf einen längeren Zeitraum angelegten Projekten einengen lassen will.
Die Suche nach seiner Musik lohnt sich immer wieder aufs Neue. Er forscht beständig an den Grenzen des bisher bekannten Jazz-Terrains, überschreitet es mit Neugier und unbekümmerter Chuzpe, und bereitet seinen erstaunten Audienzen damit immer wieder neue Hör-Erlebnisse. Dies vor allen Dingen mit dem Sanctuary-Oktett und dem String Quintet, von dem jetzt auf Soul Note die neue CD Convergence veröffentlicht wurde, die insgesamt dritte CD des String Quintets auf diesem Label.
Douglas wird angetrieben von einem sich stetig weitenden Sinn für seine musikalischen Möglichkeiten und einer damit einhergehenden Überzeugung permanent Neues schaffen zu können, so daß er mit seiner Musik schließlich selbst die fundiertesten Stil-Barrieren zum Einsturz bringen kann., so Bob Blumenthal in den Liner-Notes zu Convergence. Und ein weiteres Statement von Dave selbst bringt es auf den Punkt: Es ist nicht neu, daß wir im Zeitalter der Information leben und wir von allen Seiten mit unterschiedlicher Musik bombardiert werden. Damit sind nicht nur die ganzen Re-issues im Jazz gemeint, sondern ebenso in allen anderen Musikrichtungen. Was sich in meiner Wahrnehmung geändert hat ist, daß wir uns als Musiker heute über alle möglichen Dinge in der Welt informieren können. Indem wir all diese Einflüsse dann verarbeiten, werden sie ein Teil unserer eigenen musikalischen Aussage. Noch ein bezeichnender Satz dazu von Dave: In meinen eigenen Hörerfahrungen möchte ich offen bleiben für eine möglichst große Bandbreite an Musik. Ich fühle, daß alles einen wie auch immer gearteten Einfluß auf meine Musik ausübt.
Dave Douglas führt in einem Net-Interview, das Allen Huotari von All About Jazz im April 1999 geführt hat, einen Satz des polnischen Komponisten Witold Lutoslawski an, der diese Gedanken in anderer Form verdeutlicht: Komponisten hören oft gar nicht die Musik, die gerade gespielt wird; sie dient lediglich als Impuls für etwas ganz anderes - nämlich für das Schaffen von Musik, die nur in ihrer Vorstellung existiert. Es ist eine Art Schizophrenie - wir hören etwas und schaffen gleichzeitig etwas ganz anderes.
Ich denke diese Einblicke in das Schaffen von Dave Douglas verdeutlichen die besondere Art und Weise des kreativen Prozesses der Projekte von Dave Douglas. Alles ist über längere Zeiträume angelegt und läuft mitunter parallel. Dadurch können sich die Akteure auf den Schauplätzen dieser Weltenmusik gegenseitig beeinflußen. Dave ist der Mittler zwischen den Szenarios, man könnte ihn sozusagen als musikalischen Transformator bezeichnen. Es herrscht ein Treibhausklima, in dem ständig neue musikalische Gewächse sprießen.
Anspieltips sind nur schwer zu nennen. Vielleicht das ruhig dahinfließende Tzotzil Maya, das episch angelegte, spannende Treffen in der Unendlichkeit (Meeting at Infinity), oder Kurt Weills Bilbao Song. Auch seine Tributes setzt Dave Douglas fort mit dem Titel Goodbye Tony, gewidmet dem zum Zeitpunkt dieser Aufnahmen gerade verstorbenen Tony Williams.
Das String Quintet ist weder ein Beispiel für Kammerjazz noch ein Versuch zum Thema Swing the Classics, so Douglas. Aber auf die Frage, was diese Musik denn wirklich sei, konnte er seinem Gegenüber nur antworten: Wenn Du mir sagen kannst, was diese Musik ist, wäre ich Dir sehr dankbar. Für mich ist es ganz einfach nur ein Versuch, Musik zu machen..
>Vorgestellte< Titel:
Besetzung:
Aufnahmedatum: 22. und 23. Januar 1998, NYC
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© markus kurz 99.04.25